Ökodesign von Elektromotoren - elektro.net

2023-03-23 15:43:54 By : Mr. Guanglin Wang

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Innerhalb der industriellen Fertigung verbrauchen Antriebe rund zwei Drittel der elektrischen Energie und der Betrieb eines Elektromotors macht mehr als 95% der Gesamtkosten aus. Das sind allein schon beeindruckende Zahlen und hier verbirgt sich ein enormes Energieeinsparpotenzial.

Die europäische Ökodesign- oder ErP-Richtlinie (Energy related Product) hat die ersten Meilensteine für den Weg der Industrie hin zu einer nachhaltigeren Produktion gesetzt und gibt eine klare Leitlinie für den Einsatz von IE2-, IE3- und IE4-Motoren vor [Verordnung EU) Nr. 2019/1781]. Sie stellt auch neue Anforderungen an den Einsatz von Motorstartern und Antrieben für den gesamten Leistungsbereich von 0… 375 kW.

Energieeffiziente Motoren zeichnen sich nicht nur durch einen deutlich verbesserten Wirkungsgrad, sondern auch durch einen geringeren inneren Widerstand aus. Dadurch können ihre Einschaltströme eine Größe von 14 x IN erreichen. Dies bedeutet, dass sich der Schaltmechanismus in Schützen sehr schnell abnutzen kann und dass das störende Auslösen von Motorschutzgeräten bei Verwendung mit diesen Motortypen zu einem Problem werden kann. In einem Whitepaper von Eaton, erfährt jetzt der Leser, wie er energieeffiziente Motoren sicher und zuverlässig betreiben kann (www.eaton.com/erp).

Roland Weber, Elektromeister in der Abteilung »Produkt Support Drives« bei der Eaton Industries GmbH (Bild 1) stand uns für diverse Fragen zur Verfügung.

»ema«: Herr Weber, was sind die wichtigsten Neuerungen der (EU) Nr. 2019/1781 im Vergleich zur alten (EG) 640/2009?

R. Weber: Die neue Verordnung erweitert zum einen den Geltungsbereich hinsichtlich der Leistungsbereiche sowie der Typen von Elektromotoren. Ein Beispiel ist der Bereich der Ausgangsleistung: Galt die Verordnung bisher nur für Motoren mit einer Nennausgangsleistung PN zwischen 0,75 kW und 375 kW, so umfasst die neue Regelung nun Motoren mit einer Nennausgangsleistung zwischen 0,12 kW und 1 000 kW (Bild 2). Zum anderen werden die Mindestanforderungen an die Energieeffizienz für Elektromotoren im Anwendungsbereich erhöht – so sind jetzt mit dem 1. Juli 2021 bzw. 1. Juli 2023 konkrete Termine genannt, ab wann IE3- und IE4-Motoren in bestimmten Bereichen eingesetzt werden müssen. Und schließlich sind drittens nun auch Drehzahlregelungen miteinbezogen.

»ema«: Drehzahlgeregelte Antriebe wurden schon in der (EG) 640/2009 erwähnt. Was ist denn jetzt neu?

R. Weber: In der vorherigen Verordnung wurden Drehzahlregelungen nur in dem Zusammenhang berücksichtigt, dass sie in Kombination mit IE2-Motoren eine Alternative zu IE3-Motoren sein können. (EU) Nr. 2019/1781 fordert dagegen erstmals konkrete Energieeffizienz-Klassen für Drehzahlregelungen in bestimmten Bereichen.

Diese Vorgaben gelten für Drehzahlregelungen im Spannungsbereich von über 100 V bis 1000 V AC, mit Dreiphasen-Eingang und nur einem AC-Spannungsausgang. Sie müssen für den Betrieb mit einem Elektromotor ausgelegt sein, der sich innerhalb des Geltungsbereichs befindet und eine Nennausgangsleistung zwischen 0,12 kW bis 1000 kW hat.

»ema«: Können in einem vorhandenen Antriebssystem alte Motoren durch IE3- oder IE4-Motoren ausgetauscht werden?

R. Weber: Ohne die vorhandenen anderen elektrischen bzw. elektronischen Komponenten des Systems zu prüfen, sollten die Motoren nicht einfach ausgetauscht werden. Denn Schaltgeräte, die zusammen mit IE3- und IE4-Motoren eingesetzt werden, müssen sowohl die höheren Anlauf- als auch Inrush-Ströme der hocheffizienten Motoren sicher beherrschen. Dazu gehört auch, dass die Motorenabsicherung zwischen dem Inrush-Strom des Motors und einem Störfall – wie z. B. einem Kurzschluss – unterscheiden können muss.

Moderne Software zur Dimensionierung von Niederspannungsnetzen kann bei der richtigen Auswahl der Schutzkomponenten helfen. Das Programm »xSpider« von Eaton berücksichtigt zum Beispiel bei der Berechnung des Kurzschlussstroms auch den Einfluss der Motoren.

»ema«: Heißt das, dass Frequenzumrichter »safe« sind – sie steuern ja selbst aktiv die Ströme?

R. Weber: Richtig ist, dass Inrush- und Anlaufströme bei dem Betrieb mit Frequenzumrichtern kein Thema sind. Dennoch muss auch bei Frequenzumrichtern darauf geachtet werden, dass sie für den Betrieb mit IE3- und IE4-Motoren ausgelegt sind. Denn die hoch-energieeffizienten Motoren erfordern speziell angepasste Regelalgorithmen. Ist der Frequenzumrichter nicht für den Betrieb von IE4-Motoren geeignet, kann das verschiedene Auswirkungen haben: Im Extremfall läuft der Motor erst gar nicht.

Oder der Motor wird nur unzureichend, sprich ineffizient, betrieben. Das äußert sich in einer entsprechenden Geräuschentwicklung und der Motor entwickelt kein Drehmoment. Dies führt zu einer hohen Stromaufnahme der Motoren – was alles andere als energieeffizient ist. Auch können Schutzmechanismen ausgelöst werden, um Schäden an Motor und Frequenzumrichter zu vermeiden. Bei einem Drehstrom-Asynchronmotor kann zum Beispiel ein Kurzschluss detektiert werden – ohne dass tatsächlich ein Problem vorliegt.

Erst durch das Anpassen der veränderten Widerstands-Verhältnisse und Regelverhalten der Stromvektoren des Frequenzumrichters kann also ein zuverlässiger Betrieb über den gesamten Drehzahlbereich sichergestellt und in jedem Betriebspunkt auch bei wechselnden Lasten optimiert werden.

»ema«: Welche Frequenzumrichter von Eaton können mit IE4-Motoren eingesetzt werden?

R. Weber: Die Frequenzumrichter der PowerXL-Familie von Eaton sind alle für den Betrieb mit IE4-Motoren ausgelegt. Darüber hinaus entsprechen Eaton-Drehzahlstarter und Frequenzumrichter der höchsten Effizienzklasse für CDMs (Complete Drive Modules): IE2 nach EN 50598-2 / EN 61800-9-2. Dank eines besonderen Verfahrens zur Optimierung des Wirkungsgrades verbraucht der DG1 im Vergleich zu anderen Frequenzumrichtern für den Antrieb von Motoren zwischen 2 % und 10 % weniger Energie.

Zudem sind Frequenzumrichter wie der DG1 auch in einer IP54-Variante erhältlich. Damit können sie auch außerhalb des Schaltschranks platziert werden. So ist kein zusätzliches Kühlsystem für den Frequenzumrichter nötig, was zusätzlich Energie spart.

»ema«: Bedeutet die Ausweiterung der Verordnung auf drehzahlvariable Antriebe jetzt endgültig das Ende von Schützen und Motorstartern in der industriellen Antriebstechnik?

R. Weber: Ein ganz klares Nein! Motorstarter – wozu auch Schütze, Softstarter und Leistungsschalter zählen – haben an sich einen deutlich niedrigeren Eigenenergieverbrauch als Frequenzumrichter. Oberhalb eines bestimmten Lastniveaus, das stark abhängig von der Anwendung selbst ist, wird durch den Einsatz eines Motorstarters von dem Antriebssystem deutlich weniger Energie verbraucht, als wenn der Motor durch einen Frequenzumrichter geschaltet bzw. gesteuert wird. Zur Ansteuerung von Motoren in Anwendungen, bei denen die Drehzahl fest und die Lasten variabel sind, versprechen Motorstarter daher die größte Energieeinsparung.

Erfordern Anwendungen allerdings veränderliche Drehzahlen, zum Beispiel um die Fördermenge von Flüssigkeiten oder Gasen an den Bedarf des jeweiligen Prozesses anzupassen, sind drehzahlgesteuerte Antriebe in der Regel die effizientere Wahl. Für die Energieeinsparung mit Frequenzumrichtern sind besonders Maschinen und Anlagen interessant, bei denen der Zusammenhang zwischen Drehzahl und Drehmoment quadratisch ist und damit die Leistung in deutlich mehr als linearem Zusammenhang steht. Dazu zählen unter anderem Anwendungen wie Kreiselpumpen und Ventilatoren.

»ema«: Es geht also immer um ein »Entweder/oder«?

R. Weber: Nicht immer. Unter Umständen kann es bei Mehrmotorenanwendungen durchaus sinnvoll sein, Antriebe mit Frequenzumrichter und Antriebe mit Motorstarter zu kombinieren. Wird in so einer Anwendung eine Pumpe mit geregelter Drehzahl betrieben, kann insbesondere im Teillastbereich sehr genau der erforderliche Druck erzeugt werden. Steigt der Bedarf, werden zusätzliche Pumpen über Motorstarter zugeschaltet – sie arbeiten dann mit einer festen Drehzahl. So lässt sich ein System mit hoher Energie- und Kosteneffizienz realisieren, dass gleichzeitig eine optimale Funktionalität bietet.

»ema«: Wie geht man am besten vor, wenn man eine möglichst hohe Energieeffizienz eines Antriebssystems erreichen will?

R. Weber: Jede Optimierung der Energieeffizienz beginnt mit der Betrachtung des Gesamtsystems. Nur wenn die richtigen Komponenten miteinander kombiniert werden, lässt sich die gewünschte Energieersparnis tatsächlich realisieren. Motor und Ansteuerung müssen zu der jeweiligen Anwendung passen. Eine Beurteilung der Energieeffizienz eines Gesamt-Antriebssystems ermöglicht die EN 50598: Diese Norm reguliert das Ökodesign für Antriebssysteme, Motorstarter, Leistungselektronik und deren angetriebene Einrichtungen.

Neben dem Antriebssystem sollten aber auf jeden Fall auch die mechanischen Teile des Systems betrachtet werden. Denn laut ZVEI lässt sich im Antriebssystem ungefähr 10 % des erreichbaren Einsparpotenzials durch die Verwendung effizienter Motoren erzielen. Der drehzahlgeregelte Betrieb ergibt ein Einsparpotenzial von rund 30 %. Das größte Potenzial von circa 60% liegt aber in der Optimierung des Gesamtsystems. Dazu gehören zum Beispiel eine optimierte Rohrleitungsführung bei Umbauarbeiten oder die Nutzung von Softwarefunktionen in modernen Frequenzumrichtern.

»ema«: Rechnet sich der Umstieg auf IE4-Motoren auch in der Praxis?

R. Weber: Natürlich hängt die mögliche Energieeinsparung immer von der jeweiligen Applikation ab. Doch es gibt bereits genügend realisierte Beispiele, die zeigen, dass sich die Investitionen in energieeffiziente Antriebstechnik schnell amortisieren. Ein Beispiel hierfür ist die Modernisierung des Pumpenhauses des Zweckverbands Stauden-Wasserversorgung: Es verbrauchte bis dato zwischen 2 Mio. kWh und 2,5 Mio. kWh Energie pro Jahr. Das war zum einen auf die Verwendung herkömmlicher, über Motorstarter geschalteter Motoren zurückzuführen. Zum anderen auf den Einsatz von Schiebern: Sie verhinderten Druckstöße in der Anfahrphase, indem sie sich erst langsam öffneten, wenn die Pumpe ihre volle Leistung erreicht hatte.

Das bedeutete allerdings, dass in der Hochfahrphase die Pumpe »gegen« den geschlossenen Schieber arbeitete, die vom Motor eingebrachte Energie also nicht zur Wasserförderung genutzt werden konnte. Energetisch besonders ungünstig war, dass die Pumpen mit dieser Antriebstechnik nicht am energetisch optimalen Arbeitspunkt betrieben werden konnten. Da die Drehzahl der Pumpen sich nicht verändern ließ, liefen die Pumpen entweder gar nicht oder mit voller Leistung.

Die Aquatech AG mit Sitz im bayerischen Regen tauschte daraufhin die Pumpen-Motoren mit je 55 kW Leistung gegen moderne IE4-Motoren aus. Statt die Fördermenge des Systems über Zuschalten von ein, zwei oder drei Pumpen zu steuern, wurde nun die Regelung über drehzahlgeregelte Antriebe mit dem Frequenzumrichter PowerXL DG1 von Eaton realisiert. So können die Pumpen heute zum einen immer am optimalen Arbeitspunkt bei 42…53 Hz betrieben werden. Zum anderen kann dank der Drehzahlregelung auf die Schieber verzichtet und damit die Verlustleistung deutlich reduziert werden.

Insgesamt konnte der Zweckverband Stauden-Wasserversorgung durch das Zusammenspiel der IE4-Motoren mit den DG1-Umrichtern die Energiekosten um rund 15% reduzieren.

»ema«: Abgesehen von den Energiekosten – wie sieht es mit den »Life-Cycle-Costs« insgesamt aus?

R. Weber: Eventuelle Mehrkosten für die IE4-Motoren und moderne Frequenzumrichter oder Motorstarter amortisieren sich meist schnell. Gerade wenn Pumpen angetrieben werden, kann mit drehzahlgeregelten Antrieben auf wartungsintensives Drosseln oder ähnliches verzichtet werden. Dabei wird gleichzeitig die Anlagentechnik geschont, da Spannungsspitzen oder Druckstöße nicht mehr entstehen – so konnten zum Beispiel auch beim Pumpenhaus des Zweckverbands Stauden-Wasserversorgung die Instandhaltungskosten deutlich gesenkt werden. Bei 5000 Betriebsstunden, die jeder Antrieb im Schnitt pro Jahr läuft, bedeutet das eine große Einsparung. 

(auf Basis von Informationen der Firma Eaton)

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