Wer sich aktuell eine Solaranlage aufs Dach schrauben lassen möchte, könnte Probleme bekommen: Neben den Modulen selbst und einigen wichtigen Zubehörteilen, etwa Wechselrichtern, sind vor allem Fachkräfte knapp, die sie installieren könnten. Vielerorts warten Kunden derzeit sieben bis neun Monate. Und die Modulpreise und Zinsen steigen, machen künftige Anlagen noch teurer. Der Berliner Mittelständler Enpal möchte an allen drei „Flaschenhälsen ansetzen“, wie Co-Gründer Wolfgang Gründinger sagt. Den Fachkräftemangel bekämpft Enpal durch eine eigene Akademie, die derzeit etwa 100 Menschen im Monat qualifiziert. Einem größeren Publikum bekannt wurde die Schule, als dort Lutz van der Horst von der ZDF-Heute-Show eindrucksvoll sein handwerkliches Ungeschick demonstrierte. „So dumm stellt sich in der Praxis kaum jemand an“, beteuert Gründiger.
Enpal bildet keine vollwertigen Elektrikerinnen oder Dachdecker aus, denn das „dauerte zu lange und sie werden außerdem woanders dringend gebraucht“, sagt Gründinger. Bei Enpal können sich Ungelernte in wenigen Wochen zum „DC-“ oder „AC-Mechaniker“ qualifizieren lassen: DC steht für Gleichstrom; die Schüler montieren später die Solar-Anlagen aufs Dach, während die AC (Wechselstrom)-Kollegen innen im Haus Kabelschlitze klopfen und Verteilerdosen eingipsen, also alle einfachen Tätigkeiten der Elektroinstallation übernehmen; der gelernte Elektriker selbst muss dann nur noch alles anschließen und durchmessen. „So entlasten wir ein wichtiges Gewerk vom Fachkräftemangel und treiben die Solar-Ausbauziele der Bundesregierung voran“, meint Gründinger. Ein Punkt, der auch die Jury des Deutschen Innovationspreises überzeugt hat.
3000 Euro brutto können die Schmalspur-Solarteure später verdienen; für jemanden ohne Berufsausbildung ein gutes Gehalt. In China betreibt Enpal zudem eine eigene Modulfabrik, damit die neuen Handwerkerinnen auch nicht vom Materialmangel ausgebremst werden. Das eigentliche Kerngeschäft der Berliner ist ihr Mietservice für PV-Anlagen: Zwanzig Jahre bezahlen Kunden eine monatliche Gebühr; am Ende der Laufzeit können sie die Anlage dann für einen symbolischen Euro kaufen. Enpal kümmert sich dafür um die Beschaffung der Teile, die Montage, und um die Wartung und Reparatur, falls etwas kaputt geht. Für eine gängige Einfamilienhaus-PV mit etwa 10 Kilowatt Leistung bei optimaler Sonneneinstrahlung (10 KW peak) und einem Pufferspeicher mit zehn Kilowattstunden Kapazität verlangt Enpal derzeit rund 212 Euro im Monat. Lesen Sie auch: Rendite vom Solardach – so geht's Kritiker bemängeln diese hohe Miete und dass Enpal eher günstige, chinesische Teile verbaut. Tatsächlich: Über 20 Jahre kommt so eine Summe von fast 51.000 Euro zusammen – doppelt so viel wie eine typische Zehn-KWp-Anlage kostet. „Mehr als die Hälfte davon sind aber die Finanzierungskosten“, sagt Gründinger, und beteuert: wer ganz oder zum Teil per Kredit finanzieren möchte, würde auf eigene Faust meist noch mehr bezahlen. „Wir übernehmen die Verhandlungen mit den Banken und können hier durch die Bank bessere Konditionen herausschlagen als die meisten privaten Bauherren“, sagt er. Immerhin kaufen die Kunden sich auch ein bisschen Sicherheit: Sollte etwas kaputtgehen, etwa der teure Batteriespeicher oder der Wechselrichter, der aus dem Gleichstrom der PV-Dachanlage Wechselstrom macht, liefert Enpal ohne Nachzahlung Ersatz.
Ständig wachsende Verkehrsströme, morsche Brücken, Personalnot bei Planern und Bauunternehmen – Deutschlands Straßennetz ist längst ein flächendeckender Sanierungsfall. Und obwohl Jahr für Jahr Millionen von Euro in die Behebung von Straßenschäden und den Unterhalt von lädierten Brücken fließen, reichen weder Geld noch Kapazitäten, um den Sanierungsstau aufzuholen. Was auch daran liegt, dass Reparaturen an verschlissenen Fahrbahnen in der traditionell konservativen Branche seit Jahrzehnten fast unverändert ablaufen und Effizienzpotenziale kaum genutzt werden.
Dass sich Straßen jedoch auch weit schneller, billiger und zudem mit drastisch weniger CO2-Ausstoß sanieren lassen als auf herkömmlichem Weg, das demonstriert der baden-württembergische Mittelständler IBS aus Herrenzimmern. Der Baustoffspezialist aus dem Schwarzwald hat sich seit Jahren der Entwicklung von Zuschlagstoffen zur Veredelung von Zement verschrieben, sogenannten Additiven, mit deren Hilfe sich der Baustoff sowohl im Tief- als auch im Hochbau deutlich effizienter und haltbarer eingesetzt werden kann.
Im Fall der Straßensanierung erlauben es das von IBS entwickelte Additiv NovoCrete und ein optimierter Reparaturprozess, Dauer und Kosten für den Neuaufbau maroder Straßen einschließlich deren Tragschicht zu halbieren, den Rohstoffbedarf um mehr als vier Fünftel zu senken, und die CO2-Emissionen beim Bau um rund 40 Prozent zu senken. Der Clou des innovativen Verfahrens ist, dass der Mittelständler bei der Reparatur nahezu sämtliche, von der reparaturbedürftigen Straße bereits vorhandenen Baustoffe für den Wiederaufbau wiederverwenden kann.
Damit entfällt nicht bloß die kostenträchtige Deponierung des alten Asphalts, Betons oder Schotters samt den dafür nötigen LKW-Fahrten. Auch der Aushub zusätzlichen Bodens, um darauf eine neue Tragschicht aufzubauen, ist in der Regel überflüssig. Stattdessen wird das alte Baumaterial an Ort und Stelle zermahlen, mit einem Mix aus Zement, NovoCrete und Wasser vermischt und anschließend verdichtet. Auf dieser Weise erzeugen die Alchimisten des Straßenbaus zwar nicht aus unedlen Metallen Gold, wohl aber aus Bauschutt wieder einen besonders robusten Unterbau für neue Fahrbahnen. Denn die beim Aushärten entstehende neue Tragschicht ist, wie zahlreiche Straßengrundsanierungen in den vergangenen Jahren belegen, sowohl extrem belastbar als auch wasserdicht und damit frostsicher. „Wir belassen es nicht beim reinen Recycling“, sagt Firmenchef Julian Bihl, „sondern veredeln die alten Materialien zu einem höherwertigen Produkt“.
Dass der Einsatz zusätzlichen Zements im Straßenunterbau die CO2-Bilanz der Baumaßnahme gegenüber herkömmlichen Verfahren zunächst verschlechtert, ist Bihl bewusst. In der Summe aber werde das „durch den Wegfall der sonst erforderlichen An- und Abfahrten von Baumaterial zu Deponie oder Baustelle mehr als kompensiert“, so der Unternehmer. Und weil die gesamte Reparatur nur halb so lange dauere, wie sonst üblich, könne ein Bautrupp, bei gegebenem Zeitbudget die doppelte Strecke an Straße erneuern. „Damit“, sagt Bihl, „hätten wir zumindest eine Chance, den Sanierungsstau langsam abzuarbeiten“.
Wie leitet man Kunststoffmasse am besten durch eine Maschine, um daraus möglichst effizient Plastikflaschen herzustellen? Eine einfache Frage, scheint es, doch sie zu beantworten ist hochkompliziert. Dazu sind Strömungssimulationen am Computer nötig, die Physiker, Computerwissenschaftler und Maschinenbauer lange Zeit beschäftigen. Und diese Simulationen von Stoffflüssen sind heute in vielen verschiedenen Branchen gefragt: „Fließprozesse haben Sie überall, wo Sie eine Pumpe betreiben, Material durch Düsen pressen oder eine Turbine entwickeln, um etwa Windstrom zu produzieren“, sagt Kai Wenz, Forschungschef bei Ianus Simulation, einem Anbieter für Simulationsdienstleistungen in Dortmund.
Bisher müssen sich Unternehmen dazu teure Softwarelizenzen kaufen, leistungsstarke Rechner – und Spezialisten beschäftigen, die die komplizierten Simulationen durchführen. Für kleinere Hersteller oft ein zu kostspieliges Unterfangen. „Wir haben uns gefragt, wie wir diese Barrieren beseitigen können“, erzählt Wenz.
Die Lösung: Eine Anwendung in der Cloud, mit der Kunden Strömungssimulationen in wenigen Schritten durchführen können. Bei bisherigen Software-Lösungen müssen Nutzer per Hand verschiedene Varianten ihrer 3-D-Entwürfe eines neuen Maschinenteils oder Produkts in Simulationsprogrammen hochladen und bearbeiten. Strömungsraum, so der Name der neuen Software von Ianus Simulation, automatisiert diese Arbeit mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.
Die Nutzer laden nur noch eine Konstruktionsdatei für ein Bauteil in die Cloud hoch, was sogar per Smartphone-App möglich ist. Die KI variiert das Design leicht und simuliert anschließend eigenständig, ob eine Verbesserung der Strömung eingetreten ist. Ähnlich wie bei der Pflanzenzucht, bei der Züchter über mehrere Generationen immer nur die am besten angepassten Pflanzen weiter züchten, schickt die Software die verschiedenen Designs durch einen evolutionären Wettkampf – bis das optimale Maschinendesign übrig bleibt.
Bei einem Maschinenhersteller für die Kunststoffindustrie etwa hat die Simulation in der Cloud spürbar geholfen, Zeit und Kosten bei der Produktion von Kanistern und Flaschen aus Kunststoff zu sparen. Die dazu nötige Maschine presst die Plastikmasse durch einen spiralförmigen Kanal in einem Metallbauteil. Wenn die Arbeiter die Farbe des Kunststoffs wechseln, etwa von blau auf rot, mussten sie bisher große Mengen der neuen roten Masse durch das Bauteil pressen, bis die blaue Masse komplett ausgespült war. Lesen Sie auch: Wenn die Natur beim Plastik-Recycling hilft Eine Simulation mit der Strömungsraum-Software ergab ein verbessertes Design, in dem Plastikreste seltener haften bleiben. Das Ergebnis: Statt acht Tonnen Kunststoff braucht das Unternehmen nur noch 1,7 Tonnen für den Spülvorgang, statt 2,5 Stunden nur noch eine halbe, statt 650 Kilowattstunden Strom nur noch 130. Dank solcher Verbesserungen, sagt Wenz, hätten Kunden von Ianus Simulation mit Hilfe der Strömungssimulationen schon 35.000 Tonnen Kohlendioxid eingespart.
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